Schwarz-Gelb will Bürger ausspionieren lassen: Lizenz zum Spitzeln

Schwarz-Gelb protzt mit dem Verbot der heimlichen Videoüberwachung am Arbeitsplatz. Doch das geplante Gesetz ist kein Fortschritt, im Gegenteil: Es höhlt den Datenschutz von Arbeitnehmern sogar aus. Union und FDP haben der Wirtschaft erneut ein Geschenk gemacht.

Ein Gastbeitrag von Herta Däubler-Gmelin

Herta Däubler Gmelin, Foto: Wikipedia/FRZ
Herta Däubler-Gmelin, Bundes-justizministerin 1998-2002, Foto: Wikipedia/FRZ

In den vergangenen Jahren haben Bespitzelungsskandale immer wieder die Öffentlichkeit erschüttert: Selbst Top-Unternehmen wie Bahn und Telekom, ganz zu schweigen von Lidl und Aldi, nutzten die immer billigeren und einfacheren Möglichkeiten, um ihre Arbeit­nehmer auszuforschen. Sie vertrauten dabei auf den schlechten Ruf des Daten­schutzes, der oft als bürokratisches Monster oder als Täter­schutz hingestellt wird.

Als dann das Fass doch überlief und die Unternehmens­führungen in Schwierigkeiten kamen, taten diese schnell Buße. Ich war damals an der Aufklärung der Skandale beteiligt und fand diese Buße gut: Sie signalisierte Umdenken und die Einsicht, dass man so mit Arbeit­nehmern nicht umgehen darf. Immer wieder betont schließlich das Bundesverfassungsgericht, dass Persön­lichkeits­rechte Grund­rechte sind und damit un­ver­zicht­bar für jede freie Gesell­schaft. Das gilt auch für die Beschäftigten: Freiheit und Rechts­staat hören nicht am Werkstor auf.

Nach der Bundestagswahl 2009 verblüffte die schwarz-gelbe Regierung mit dem Versprechen, Arbeitnehmer besser gegen Bespitzelung am Arbeitsplatz zu schützen. Freude und Hoffnung währten jedoch nur bis zur Vorlage des ersten Regierungsentwurfs: Der verstärkte wieder einmal die Rechte der Arbeitgeber und durchlöcherte die der Arbeitnehmer. Kein Wunder, dass dieser Entwurf in der Luft zerrissen wurde und in der Versenkung verschwand. Wie sich jetzt zeigt, leider nicht auf Nimmerwiedersehen.

Verachtung für Grundrechte von Arbeitnehmern

In dieser Woche will Schwarz-Gelb diesen Gesetzentwurf mit nur wenig Veränderungen durchpeitschen – mit den üblichen Propagandatricks: Man tue doch nur Gutes für den Schutz der Arbeitnehmer und ihrer Rechte. Das setzt darauf, dass kein normaler Mensch, schon gar kein Arbeitnehmer, diesen Gesetzentwurf liest. Vielleicht auch deshalb ist der Entwurf so verschachtelt konstruiert und kompliziert bis zur Unverständlichkeit. Wer solche Entwürfe schreibt, will Bürger abschrecken und den Datenschutz weiter in Verruf bringen. Wer sich indes die Mühe macht und den Text durchackert, erkennt: Er trägt Verachtung für die Grundrechte von Arbeitnehmern geradezu auf der Stirn.

Eine kleine Auswahl: Schwarz-Gelb protzt mit dem Verbot der heimlichen Videoüberwachung. Das allerdings ist auch jetzt schon grundsätzlich durch Arbeitsgerichte verboten. Das geplante Gesetz verhindert jedoch, dass bei Verstößen Strafe droht. Es erlaubt Arbeitgebern sogar, illegal ausgeforschte Informationen gegen die Arbeitnehmer zu verwenden. Daneben werden “legale” Videokontrollen weit über das heute zulässige Maß hinaus erweitert. Und ein Arbeitgeber kann “zu Qualitätszwecken” Kontrollaufnahmen machen, sie auswerten und speichern.

Abbau von Arbeitnehmerrechten

Und weiter geht es mit dem Abbau von Arbeitnehmerrechten: Wer sich um eine Arbeitsstelle bewirbt, soll künftig auch Fragen nach seinen Vermögensverhältnissen beantworten. Er muss mitteilen, ob Ermittlungsverfahren gegen ihn laufen – bisher musste er das nur, wenn er wegen einer Straftat verurteilt war. Die gesetzliche Unschuldsvermutung soll offenbar für Arbeitnehmer nicht mehr gelten! Die Frage nach einer Schwangerschaft soll im Einstellungsgespräch weiter zulässig sein, unter Umständen auch die Frage nach Behinderungen, nur die nach Schwerbehinderungen nicht. Dieses Gesetz diskriminiert und ist zugleich fachlich schlecht gearbeitet.

Blutuntersuchungen und Psychotests zulässig

Künftig ist bei Einstellungen der ungehinderte Einsatz von Internet-Suchmaschinen zulässig; die bisherige Rechtspflicht des Arbeitgebers zu Transparenz und Mitteilung an den Bewerber sucht man vergebens. Auch Bluttests und ärztliche Untersuchungen vor einer Einstellung bleiben zulässig, obwohl sie in vielen Unternehmen überhand genommen haben. Und wer einen firmeneigenen Psychotest für Bewerber entwickeln möchte – bitte schön: Das neue Gesetz wird ihm da keinen Stein in den Weg legen.

Gestärkt werden dafür die Rechte der Arbeitgeber. So sollen Screenings bei Compliance-Sorgen von Arbeitgebern zulässig sein – wenn also ein Unternehmen den Verdacht hat, es könnte Untreue, Vorteilsnahme oder Bestechlichkeit vorliegen, darf die Belegschaft überwacht werden. Das ist besonders schändlich, weil Schwarz-Gelb damit letztlich legalisiert, was die Telekom und die Bahn gemacht haben. Es ist auch schädlich, weil so die berechtigten Compliance-Interessen der Unternehmen in eine üble Lizenz zur Bespitzelung der Arbeitnehmer verzerrt werden: Die stehen künftig unter Generalverdacht; sogar Zufallsfunde, die mit dem Verdacht nichts zu tun haben, können gegen sie verwendet werden.

Und wenn ein Arbeitgeber meint, es könne ein Anhaltspunkt für eine Straftat oder einen Pflichtverstoß eines Beschäftigten vorliegen, die zu fristloser Kündigung dieses Beschäftigten führen könnten, so soll er, dem Entwurf zufolge, diesen künftig heimlich ausforschen dürfen. Er soll das auch dann dürfen, wenn es um Bagatelldelikte geht, zum Beispiel um die berüchtigten Maultaschen- oder Kassenbonfälle, die in den vergangenen Jahren immer wieder einmal Anlass für Kündigungen waren.
Persönlichkeitsprofile auf Vorrat

Darüber hinaus dürfen Arbeitgeber künftig für “Planungszwecke” auch Persönlichkeitsprofile von Arbeitnehmern auf Vorrat anlegen, die inkriminierende Wertungen über die Sozialkompetenz, Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit enthalten. Arbeitgeber dürfen zusätzliche ärztliche Untersuchungen der Arbeitnehmer anordnen – und dann deren anstehende Beförderung von deren Ergebnis abhängig machen. Und sie dürfen biometrische Verfahren und Ortungs-Techniken leichter einsetzen als bisher.

Das alles ist nur eine Auswahl der Verschlechterungen von Arbeitnehmerrechten; durch das geplante Konzernprivileg werden zusätzlich die Rechte der Betriebsräte in den einzelnen Unternehmen des Konzerns abgebaut. Was das alles soll, ist klar: Es geht darum, gute Stimmung bei der Wirtschaft zu machen, möglichst noch vor der Landtagswahl in Hannover. Das hilft der FDP in ihrer Not.

Und tatsächlich macht hier die Hotelprivilegien-FDP der Wirtschaft ein Geschenk; die Grundrechte-FDP scheint mausetot zu sein. Und der CDU-Wirtschaftsflügel der Union hat sich wieder einmal gegen die Arbeitnehmer durchgesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass auch Abgeordnete in CDU/CSU und FDP das nicht mitmachen. Tun sie es doch, müssen sie mit dem Ärger der Arbeitnehmer gerade jetzt vor der Bundestagswahl rechnen. Und mit zahlreichen Gerichtsverfahren bis hin zum Bundesverfassungsgericht.

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 15.01.2013

Belauscht, gefilmt und gut gerastert. Kommentar zu dem geplanten Gesetz von Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung.

Iran: Vater von Zanyan Moradi befürchtet baldige Hinrichtung seines Sohnes

Zanyar Moradi und Loghman Moradi von Hinrichtung bedroht
Zanyar Moradi und Loghman Moradi von Hinrichtung bedroht

Iran, 10. Januar 2013 – Nach Angaben des Vaters des zum Tode verurteilten iranischen politischen Gefangenen Zanyar Moradi besteht die unmittelbare Gefahr, dass sein Sohn und dessen Mitgefangener und Freund Loghman Moradi hingerichtet werden.

Die Webseite “International Campaign for Human Rights in Iran” zitiert Eghbal Moradi mit den Worten, Mitgefangene Zanyars im Gefängnis Rajai Shahr hätten ihm mitgeteilt, dass Zanyar und Loghman am Sonntag zum stellvertretenden Staatsanwalt bestellt worden seien, der sie zwei Stunden lang befragt habe.

Der Staatsanwalt soll anscheinend überrascht darüber gewesen sein, dass die beiden Männer noch nicht hingerichtet wurden, so Eghbal Moradi. Seitdem sind die beiden Gefangenen von der Außenwelt isoliert.

Zanyar Moradi und Loghman Moradi wurden im August 2009 von Geheimdienstagenten in Marivan in der Provinz Kurdistan verhaftet. Sie wurden später wegen “Feindschaft gegen Gott”, Mitgliedschaft in der kurdischen Partei “Komeleh” und Beteiligung bei der Ermordung des Freitagsimams von Marivan angeklagt und zum Tode verurteilt. Ein zweitinstanzliches Gericht bestätigte die Urteile.

Die beiden Gefangenen, die seit ihrer Verhaftung keinen Besuch empfangen durften, hatten mehrfach in Briefen erklärt, sie seien unter Folter und Drohungen sexueller Misshandlung dazu gezwungen worden, die Vorwürfe zu akzeptieren.

Eghbal Moradi zufolge wurde auch der Kläger im Fall gegen Zanyar und Loghman, der Vater des getöteten Sa’adi Shirzadi,  Mostafa Shirzadi, nach Teheran bestellt, was ein weiterer Hinweis auf die bevorstehende Vollstreckung der Todesurteile sein könnte.

Der Vater des 21jährigen Zanyar erklärte, sein Sohn sei unschuldig und habe nie etwas mit Politik zu tun gehabt.

Er habe die iranische Justiz gedrängt, seinem Sohn und dessen Freund Loghman ein faires Verfahren zuzusichern. “Lasst sie sich einen Anwalt nehmen. Diese beiden Fälle wurden nie von einem Anwalt geprüft”, so Moradi.

Übersetzung aus dem Englischen
Quelle: Radio Zamaaneh

Mit den Imkerverbänden vor das Kanzleramt

Imker vor das Kanzleramt: wir haben die Agrarindustrie satt!

Jetzt in den kalten Wintermonaten sterben allerorts Bienenvölker. Sie sind geschwächt durch den hohen Einsatz von Pestiziden und immer mehr Monokulturen in der Landwirtschaft – und dadurch Parasiten wie der Varroamilbe schutzlos ausgeliefert. Sterben die Bienen, verlieren wir emsige Helferinnen, die viele Obst- und Gemüsesorten bestäuben.

Die EU-Kommission will nun Abhilfe schaffen: Subventionen sollen nur noch an Landwirt/innen fließen, die mindestens sieben Prozent ihrer Äcker ohne Pestizide und ökologisch vielfältig bewirtschaften. Überall in der Landschaft soll wieder Raum für artenreiche Wiesen und Äcker, Hecken und Obstbäume entstehen. Doch Agrarministerin Aigner macht Klientelpolitik für die Agrarlobby und will die Pläne völlig verwässern. Im Februar wird sie in Brüssel mitentscheiden.

Unterschriftenaktion auf der Grünen Woche am 26. Januar

Jetzt müssen wir Bürger/innen gegenhalten: Am 26. Januar wollen wir Aigner zusammen mit Imker-Initiativen unseren Appell auf der Agrarmesse “Grüne Woche” in Berlin übergeben – mit mindestens 75.000 Unterschriften!

Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell an Agrarministerin Aigner!

Bisher schüttet die EU Subventionen an Landwirt/innen mit der Gießkanne aus: Je mehr Fläche, desto mehr Geld – völlig unabhängig davon, wie das Land bewirtschaftet wird. Das will die Kommission jetzt ändern: Mit ihrem Vorschlag zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) will sie nur noch Landwirt/innen unterstützen, die ökologische Standards einhalten.

Gelingt die Reform, wäre dies ein erster Schritt zu einer nachhaltig-bäuerlichen Landwirtschaft. Entsprechend scharf schießt die Agrarlobby dagegen und brandmarkt ökologische Vorrangflächen als Flächenstilllegung. Dabei wird dort ökologisch viel gewonnen: Heu von artenreichem Grünland, Früchte von Streuobstwiesen, Brennholz aus Gehölzstreifen und Honig von vielfältigen Blüten. Für Bienen und viele andere Tierarten würden wichtige Lebensräume geschaffen.

Bisher will Ministerin Aigner in Brüssel die Reformvorschläge mit vielen Ausnahmeregeln verwässern. Doch sie steht zunehmend alleine da. Im Dezember stellten sich auch die Agrarminister der CDU/CSU-geführten Bundesländer geschlossen hinter die EU-Pläne. Jetzt müssen wir Bürger/innen Aigner klar machen: Mit jährlich 60 Milliarden Euro an Steuergeldern wollen wir keine ausgeräumten und tot gespritzten Agrarsteppen finanzieren. Wir brauchen Bäuerinnen und Bauern, die für eine vielfältige Landschaft und gesunde Lebensmittel sorgen.

Mit den Imkerverbänden vor das Kanzleramt

Am Samstag, den 19. Januar gehen wir dafür mit einem breiten Bündnis von Organisationen und Initiativen in Berlin auf die Straße. Demonstrieren Sie mit – und setzen Sie schon jetzt ein Zeichen für eine andere Agrarpolitik!

Unterzeichnen Sie unseren Appell!

Lesen Sie mehr im 5-Minuten-Info…

Im Vorfeld der Demonstration am 19. Januar in Berlin wollen wir kommenden Mittwoch gemeinsam mit Imkerverbänden vor dem Kanzleramt protestieren – gegen das Bienensterben und für eine bäuerlich-nachhaltige Landwirtschaft. Unser Aktionsbild: Agrarfabrikanten besprühen Personen in Bienenkostümen mit einer Pestizidwolke. Möglichst viele Bürger/innen und Imker/innen in Berufskleidung vertreiben sie – und präsentieren erstmals öffentlich unseren Appell gegen das Bienensterben.

Kommen Sie zur Aktion!
Zeit: Mittwoch, 16. Januar, 9.00 bis 9.45 Uhr
Ort: vor dem Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Straße 1, Berlin

Was sonst noch bei Campact passiert, erfahren Sie wie immer im Nachrichtenteil.

Herzliche Grüße

Astrid Goltz und Christoph Bautz

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An gesetzlichen Feiertagen (z.B. 1. Mai) kein Markt.