Papst traut sich und besucht Berliner Winter­feldt­platz

Habebimus Papam in Berlino
Habebimus Papam in Berlino: Der Papst kommt...

Benedikt XVI. kommt vom 22. bis zum 25. September zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland. Dabei verweilt der Pontifex Maximus in den Erzbistümern Berlin und Freiburg sowie im Bistum Erfurt. Wenige Tage nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (18. September 2011) besucht das Staats- und Kirchenoberhaupt also auch die Bundeshauptstadt. Hinter den Kulissen wird versucht, ebenfalls den schwulen Kiez am Winter­feldt­platz zu einem Besuchsprogrammpunkt aufzuwerten, immerhin war der Löwe von Münster Kaplan in St. Matthias am Winter­feldt­platz und war dort – mit adligem-konservativem Migrationshintergrund wider Erwarten – im sozialen Bereich und im Gesellenverein segensreich tätig. Heute allerdings wird in der Matthias-Kirche auch nach dem alten lateinischen Ritus zelebriert und eine Teilnahme an derlei Ultra-konservativ-esoterischem dürfte nach dem Skandal-Trouble mit den klerikalfaschistischen Pius-X-Brüdern dann doch etwas zu wenig päpstlich-vatikanisch-konziliant wirken.

Zusammen mit SPD, Grünen und Linkspartei, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Organisation Pro Familia sowie der Giordano-Bruno-Stiftung organisiert der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg ein buntes Programm für den hochstehenden Staatsbesucher. Vergangenen Donnerstag konstituierte sich das fünfzigköpfige Begrüßungskommittee in der Berliner Zentrale des LSVDs. Der Trägerverein des Christopher-Street-Days sicherte organisatorische Unterstützung zu. Wie die Tageszeitung “Die Welt” berichtete, haben  inzwischen mehr als zwanzig Organisationen, die u.a. für die heterosexuelle Selbstbestimmung eintreten, sich dem Bündnis angeschlossen. Für die Koordination wurde eine Stelle in Teilzeit eingerichtet.

Nach gegenwärtigem Vorbereitungsstand umfaßt das Programm u.a. folgende Punkte:

  • Im Falle einer Übernachtung in der Apostolischen Nuntiatur (Lilienthalstr. 3a am Südstern) soll  Benedikt XVI. morgens um 6 Uhr durch ein „Kiss-In“ geweckt werden: Nuntiatur-Gentrification. Ein Kiss-In hatte es auch beim Besuch Benedikts XVI. im vergangenen November in Barcelona gegeben. Ob es zu Fernsehauftritten des Hausherrn nach dem Frühstück – wie nach dem jüngsten Kiss-In in der Maassenstrasse (wir berichteten) – kommen wird, ist noch unklar.
  • Umbenennung der Lilienthalstraße vor der Apostolischen Nuntiatur in “Christopher Street” nach Christopherus, dem Schutzpatron der Reisenden in evangelische Länder.
    Christopherus, Schutzpatron der Reisenden
    Christopherus, Schutzpatron der Reisenden
  • Verkauf von Ablassbriefen für den Aufbau einer Mohamed-Choukri-Aidshilfe-Station für nordafrikanische Flüchtlinge in Rom, für den Aufbau von Infrastruktur zur Bekämpfung von römischer Korruption
  • Kollekte für die Bereitstellung der Kautionen für  unpolitische Ärzte, die von himmelschreiender, pantokratorischer Bigotterie woanders (nicht in Fulda oder Rom oder Santiago) verfolgt werden.
  • Umwidmung der legalen aber nicht legitimen – im Laufe der Jahre – milliardenschwer-subventionierten Bischofsgehälter aus  Bundes- und Landeshaushalten für die schrumpfenden großen Kirchen in eine Stiftung zur Unterstützung der Erforschung lebensbedrohender, übertragbarer Viruserkrankungen.
Der enge politische Freund des blutigen Putschisten und Menschenschinders Pinochet, Kardinal Jorge Arturo Medina Estevez, verkündet das Habemus Papam
Der homophobe Pinochet-Freund und Pius-Brüder-Rückholer Kardinal Jorge Arturo Medina Estevez (Abbildung links), verkündet 2005 das Habemus Papam nach der Wahl des neuen Papstes Benedikt XVI. Pinochet hatte in einem blutigen Putsch die legale Regierung Chiles gestürzt und wurde später von europäischen Richtern mit Auslieferungsbegehren wegen Völkermordes und Folter gesucht. Die gleiche Hand (in der Abbildung oben verdeckt), die dem neuen Papst die Pallium-Stola überstülpte, schüttelte Menschenblut befleckte Hände von Generälen und Folterknechten. Unter anderem die Invervention des Vatikans und des Kardinals Soldano verhinderte eine Auslieferung und eine mutmaßliche Bestrafung des Pionochets. In Südamerika unterstütz(t)en rechte und extremistische Gruppierungen innerhalb der katholischen Kirche Menschenschinder und Sklavenhalter (so im Norden Brasiliens) und lassen sich dabei von Rom beim Kampf gegen rebellierende katholische Befreiungstheologen helfen. Seit dem neuen Papst feiern erzreaktionäre und klerikalfaschistische Gruppierungen wie Opus Dei, Legionäre Christi, Petrus- und Piusbrüder und die sogenannte Gesellschaft zur Verteidigung von Tradition, Familie und Privateigentum Urstände, der neue Papst verrät das Zweite Vatikanische Konzil und die Öffnung der Katholischen Kirche seit Papst Johannes XXIII.

Vor 15 Jahren, beim Besuch von Papst Johannes Paul II.  gab es Proteste, etwa beim Schwul-Lesbischen Stadtfest in der Motzstrasse. Damals fand eine Demonstration mit über 2.000 Teilnehmern statt, die sich u.a. als Nonnen, Mönche oder Teufel verkleideten und eine „Gegenpäpstin“ ausriefen. Die Demo zog  vom Winter­feldt­platz bis zu Staatsbibliothek, wo eine Protestkundgebung statt fand. Bei der Fahrt des Papstes auf der Straße Unter den Linden soll es damals teilweise zu lautstarken Protesten mit Eier- und Kondomwürfen auf das Papamobil gekommen sein.

 

Dieses Mal sollen auf keinen Fall religiöse Gefühle verletzt, sondern für viel Freude und Spaß gesorgt werden. Wer sich über die rechtskonservativen bis rechtsradikalen Gruppierungen informieren will, die unter dem neuen Papst wieder hoffähig gemacht werden, dem sei dieses Buch empfohlen:

Über die Doppelmoral und den skandalösen Einfluß erzreaktionärer bis klerikalfaschistischer Kreise (z.B. Opus Dei und Legionäre Christi), die den Nährboden für sexuellen Mißbrauch bilden (Krenn, Maciel), findet man eine Menge Informationen in dem Buch von David Berger, von dem die FAZ schreibt, es sei das unglaublichste, was derzeit über die katholische Kirche zu lesen ist:

Der für seine altbackenen Vorurteile bekannte Bischof von Köln und Kollege des suspendierten Bischofs Mixa von Augsburg,  hat dann auch gleich dem Neothomisten und habilitierten Religionslehrer Prof. Berger die Lehrerlaubnis entzogen: Schwule, die in die Öffentlichkeit gehen, kann man nicht mehr unter Druck setzen. Die anderen arrangieren sich in und mit einer einer bigotten, staatlich subventionierten duckmäuserischen morale jésuite. Was Jesus wohl zu diesen prunkenden Scheinheiligkeiten sagen würde, die auch noch im Bundestag sprechen wollen?

Päpstlicher Segen für den katholischen Völkermord in Kroatien.

Welches unintellektuelle “Gedankengut” der Papst sonst noch auf Lager hat, wurde bei seinem aktuellen Besuch im Kroatien wieder öffentlich. Der gleiche Papst, der den

Gewalttätige "Bekehrung" zum Katholizismus in Kroatien
Gewalttätige "Bekehrung" zum Katholizismus in Kroatien unter Pavelic

Bundestag besuchen will, war sich nicht zu schade, am Grab des skandalöserweise selig gesprochenen, politischen Freundes des Diktators und mehrfachen Mörders Pavelic, Kardinal Alojzije Stepinac, wahrheitswidrig dessen Märtyrertum zu behaupten.  Wie in Spanien hat sich die katholische Kirche nie von den religiös motivierten Morden – in Kroatien in ihrem Namen begangen – distanziert. Die Totschweiger und ihr Kumpan Pavelic wurden hingegen zu päpstlichen Audienzen mehrfach in Rom empfangen, auf den Klosterrouten wurden den Verbrechern nach 45 – organisiert von Krunoslav Draganović – ein Entkommen ermöglicht. So wie die katholische Kirche für den teuflischen Sadisten Trujillo Molina – entsprechend dem Konkordat – in der Messe beten lies, beteten die Katholiken in den Kirchen Kroatiens für den Mörder Pavelic. Stepinac, der die Machtergreifung von Pavelic von Anfang an begrüßte, hat nie öffentlich dessen völkermörderisches Wirken kritisiert. Die Seligsprechung ist ein geschichtsfälschender Schlag in das Gesicht jener Opfer, die wegen ihrer nichtkatholischen Religion umgebracht worden sind. Der traditionsreiche Besuch des Papstes am Grab Stepinac erzeugt einfach nur Zynismus. Europa fußt auf Aufklärung und nicht auf vulgärtraditionalistisch propagierter Religion. Die Aufklärung mußte und muß – wie die Ökumene – gegen Vulgärtraditionalisten und Dogmatiker erreicht werden.

Mehr Infos zum Papstbesuch in Berlin beim LSVD und bei www.DerPapstKommt.de.

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