17.09.2012: Heute vor 20 Jahren war das Mykonos-Attentat in der Prager Straße

Erinnerungstafel an die demo­kratischen kurdischen Politiker Sadegh Scharafkandi, Fattah Abdoli, Homayoun Ardalan und Nouri Dehkordi.
Erinnerungstafel für die demokratischen kurdischen Politiker Sadegh Scharafkandi, Fattah Abdoli, Homayoun Ardalan und Nouri Dehkordi.

Heute abend um 23 Uhr vor zwanzig Jahren wurden im Restaurant Mykonos in der Prager Straße, zwischen Viktoria-Luise-Platz und Spichernstraße, hochrangige demokratische kurdische Politiker ermordet: Sadegh Scharafkandi, Fattah Abdoli, Homayoun Ardalan und der Dolmetscher Nouri Dehkordi, die auf Einladung der SPD und Björn Engholms als Gäste Willy Brandts in Berlin zum Kongress der Sozialistischen Internationale weilten, wurden von Auftragsmördern erschossen. Der Wirt und ein weiterer Gast wurden schwer verletzt. Auftraggeber des Mordanschlags waren, nach Zeugenaussagen unter anderen des ehemaligen Iranischen Staatspräsidenten Bani Sadr, führende Teheraner Regierungsmitglieder, darunter Ali Chamene’i und Alī Rafsandschānī (alias Akbar Hāschemī Bahramānī) sowie Ali Fallahian, die im geschundenen Iran bis heute die Macht inne haben. Als 2004 eine Gedenktafel in der Prager Straße durch die Wilmersdorfer SPD-Bürgermeisterin Monika Thiemen vor dem Restaurant aufgestellt wurde (Abbildung rechts), protestierte ausgerechnet der damalige Bürgermeister Teherans, der 2009 durch Vorzensur, Vorauswahl und Wahlbetrug sowie Folter erneut ins Präsidentenamt gelangte Mahmud Ahmadinedschad. Die sofort nach dem Anschlag nach Iran zurückgekehrte mutmaßliche Mittäter Abdol-Raham Bani-Hashemi (mutmaßlicher Geheimdienstmitarbeiter) und Farajollah Haider (mutmaßlicher Fluchtautofahrer) sind bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen worden. Gegen den von Interpol gesuchten damalig verantwortlichen Minister Ali Fallahian bestehen Haftbefehle Deutschlands, der Schweiz und Argentiniens wegen mutmaßlichen Mordes.
Der heutige Botschafter Irans, Ali Reza Sheikh Attar war von 1980/81 bis 1985 Generalgouverneur der Provinzen Kurdistan und West-Azarbaijan. Er bzw. sein Nachfolger wurden in diesem Amt beraten von Mahmud Ahmadinedschad, der dringend verdächtig ist, an der Ermordung von Abdul Rahman Ghassemlou in Wien, des Vorgängers von Sadegh Scharafkandi im Amt des Parteivorsitzenden der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran, beteiligt zu sein. Kurdischen Politikern war nach ihrer Unterstützung der Iranischen Revolution von 1979 u.a. von dem Politiker Rafsandschānī ein Autonomiestatut versprochen worden. Spätere Forderungen nach Verwirklichung wurden und werden bis heute von der Zentralregierung und den unlegitimiert eingesetzten Generalgouverneuren blutig unterdrückt, so im Fall des unter Khomeini eingekerkerten und 1993 ermordeten Ahmad Moftizadeh.

Die Mordopfer aus dem Restaurant Mykonos am Donnerstag, 17. September 1992:

Dr. Sadegh Scharafkandi, Vorsitzender der Demokratischen Partei Kurdistans
Dr. Sadegh Scharafkandi, † Vorsitzender der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran und Nachfolger des 1989 in Wien ermordeten Abdul Rahman Ghassemlou
Fattah Abdoli, Mitglied im Parteivorstand der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran, zuständig für Europa
Fattah Abdoli †, Mitglied des Parteivorstandes der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran, zuständig für Europa
Homayoon-Ardalan, Mitglied im Parteivorstand der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran, zuständig für Deutschland
Homayoon Ardalan †, Mitglied des Parteivorstandes der Demokratischen Partei Kurdistans-Iran, zuständig für Deutschland
Mohammad Nouri Dehkordi, Sozialarbeiter und exilierter Dolmetscher aus Berlin
Mohammad Nouri Dehkordi †, Sozialarbeiter und exilierter Dolmetscher aus Berlin
Autonomiegespräche am 25. März 2919 in Sanandadsch
Autonomiegespräche am 25. März 1979 in Sanandadsch, Hauptstadt der iranischen Provinz Kordestān. Moftizadeh (dritter von links) wurden nach 10 Jahren Folterhaft 1993, während der Präsidentschaft von Rafsandschānī (dritter von rechts, rechte Hand von Khomeini) buchstäblich alle Knochen zerschlagen, woran er kurz nach Freilassung im selben Jahr starb. Rafsandschānī wurde vom Berliner Kammergericht als einer der Auftraggeber der Mykonos-Mörder benannt. Der linksgerichtete Ajatollah Taleghani starb im September 1979. Er hatte nach der Revolution vor einer Rückkehr zur Despotie gewarnt. Kohmeini bezeichneten den beliebten Ajatollah als Herrn Taleghani. Ajatollah Beheschti, Gehirn und extremistischer Spiritus Rector der religiösen Fraktion der Iranischen Revolution 1979 starb 1981 bei einem Bombenattentat, Rafsandschānī hatte kurz zuvor sein Büro verlassen. Rafsandschānī, eine Mischung von schiitischem Richelieu und iranischem Joseph Fouché, war die rechte Hand Khomeinis, gilt bis heute als einer der reichsten Iraner, der seine Meinung auch ändern kann. Banī Sadre, erster Präsident Irans unter Khomeini flüchtete vor dem Mullah-Regime, und bekämpft heute die Teheraner Regierung aus dem Pariser Exil. Bani Sadre fragt: „Warum insistieren die Mullahs aber darauf, Uran anzureichern, warum setzen sie das Land Gefahren aus, die schwere Folgen haben können? Weil sie ohne Krisen nicht existieren können.“
Bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2012 soll es zu Protesten gegen die in Teheran regierenden Gangster kommen, die durch die Frankfurter Buchmesse GmbH Gelegenheit bekommen, ihr auf Folter, Zensur und Wahlbetrug fußendes Regime darzustellen, während gleichzeitig gewaltfreie Autoren, Menschenrechtsanwälte und Minderheiten in den Khamenei-Gefängnissensitzen:

Im Iran sitzen mehr Journalisten im Gefängnis als in jedem anderen Land der Welt.

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