….Happy Birthday, Sally!

Jean Ross, 1911-1973, Varieté- und Nachtclub-Star, Autorin und Schauspielerin (engagiert von Max Reinhardt in Peer Gynt), reales Vorbild der fiktiven Sally Bowles von Christopher Isherwood
Jean Ross, 1911-1973, Varieté- und Nachtclub-Star, Autorin und Schauspielerin (engagiert von Max Reinhardt in Peer Gynt), reales Vorbild der fiktiven Sally Bowles von Christopher Isherwood
Letzten Mittwoch feierte das Café Sally Bowles sein Einjähriges in der Eisenacher Straße 2, 10777 Berlin, fast Ecke Kleiststraße. Der Nachtclub bietet am Tag ein Nest für Kaffee-Dandys und Torten-Tanten und verwandelt sich in der Dämmerung in ein stilechtes Zeitfenster in die Goldenen Zwanziger Jahre, bestückt mit Original-Mobilar. Benannt ist der Szene-Geheimtipp nach der fiktiven Nachtklub-Sängerin und aufstrebenden Schauspielerin Sally Bowles,  die ihren großen Auftritt im Buch von Christopher Isherwood Goodbye to Berlin hatte, Ende der Zwanziger Jahre, filmisch später umgesetzt im Musical und Film Cabaret, wo Liza Minnelli Sally Bowles verkörperte und zum Weltstar wurde.

Reales Vorbild für Sally Bowles war jedoch die Sängerin, Schauspielerin und Kommunistin Jean Ross, einer Freundin des Autors Christopher Isherwood, die unter dem Pseudonym Peter Porcupine auch journalistisch arbeitete. Isherwood wohnte Ende der Zwanziger Jahre der in der Nollendorfstraße 17, bis zur Machtergreifung der Hitler-Bande, 1933.  Nicht weit davon liegt der Geburtstag feiernde Nachtclub in der Eisenacher. Das obere Ende der Eisenacher Straße hat eine bewegte politische Vergangenheit, so wurde hier das Ehepaar Otto und Elise Hampel 1942 beim Verteilen von Anti-Hitler-Flugblättern verhaftet, zum Tode verurteilt und in dem Roman Jeder stribt für sich allein von Hans Fallada verewigt. Der expressionistische Autor und DDR-Kulturminister Johannes R. Becher hatte die Original-Prozessakten des Volksgerichtshof an Fallada gegeben, der die Dokumente zu seinem letzten Roman verarbeitete. Fast direkt vor dem Nachtcafe starb am 4. Dezember 1971 der Anarchist Georg von Rauch nach einer polizeilichen Verfolgungsjagd vom Winter­feldt­platz, wo von Rauch zusammen mit Bommi Baumann ein gestohlenes aber aufgeflogenes Auto wegfahren wollten. Bis 2012 logierte die deutsche Abteilung der Wikipedia-Bewegung, der Wikimedia-Verein  in der Eisenacher Straße 2.

Buchcover Goodbye to Berlin, © Foto: Wikipedia
Buchcover Goodbye to Berlin, © Foto: Wikipedia