Bundestagswahl 2009: Atomklos verstopfen

Kommentar: Asse, Krümmel, Morsleben, Biblis, Brunsbüttel, Fessenheim, Belene und weitere Atomklos: wann wird Wahnsinn verwerflich?

Todeszonen bei Kiev
Die Älteren erinnern sich noch an die Tage nach Tschernobyl 1986: man schaute hoch, in den Himmel über Berlin und dachte: hoffentlich regnet es nicht. Weil der Regen radioaktive Gifte enthielt und nur der Zufall die Obst- und Gemüse-Anbauflächen rund um Berlin vor dem Schicksal großer Gebiete in Polen bewahrte, wo alles Geerntete wegen radioaktiver Vergiftung vernichtet werden musste (häufig aber nicht wurde). Von den auf tausende Jahre verseuchten Todeszonen und Geisterstädten nördlich von Kiev ganz zu schweigen.

Radioaktiver Tee
Tee aus der Türkei enthielt hohe Konzentrationen an radioaktiven Nukliden und verkaufte sich – trotz Warnung – zu Spottpreisen. Das Risiko für die viele Jahre später auftretenden Krebserkrankungen trug der Tee-, Gemüse- und Obst-Käufer. Aber warum in die Ferne schweifen, der Atom-Dreck liegt so nahe: die unkontrollierte radioaktive Salz-Brühe in Asse auf dem Weg ins Grundwasser, der Skandalreaktor in Krümmel mit seinen Leukämie-Fällen, die Uralttechnik im erdbeben-gefährdeten Biblis. Wie lange soll diese Todestechnologie weiter geführt, ihre Kosten der Allgemeinheit und einzelnen Kranken aufgeschultert und die Gewinne – dank an der Strombörse in Leipzig verabredeter hoher und höchster Preise – in private Portmonees privatisiert werden? .

Dezentralität statt Raffgier
Statt weiterhin auf eine unverantwortliche Politik der Großtechnologie zu setzen, die den Strom – trotz signifikantem Schwund – über weite Entfernungen transportiert, nur weil damit partikular größere Geschäfte zu machen sind, sollte der dezentrale Einsatz von möglichst regenerativen Energieformen und dezentralen Blockheizkraftwerken die (Energie-)Kosten niedrig und die Technik modern gehalten werden. Den Arbeitsplätzen zuliebe.

Inkompetente Verantwortliche
Dennoch setzen relevante Politiker auf die arbeitsplatzvernichtende Atom-Technik von Vor-Vorgestern, weil ihnen interessierte Lobbyisten und ideologische Brunnenvergifter dieses in die Vorlagen schreiben. Und unverantwortliche – aber zuständige – Politiker dies zulassen. CO2-Verschmutzungsrechte werden an die Stromproduzenten größtenteils verschenkt, den Stromkunden jedoch voll in Rechnung gestellt.

Für moderne Zielsetzungen dringend benötigte Investitionsmittel werden in zentralistische Mammutprojekte und Investitionsruinen von Vorgestern versenkt (der Rückbau von Asse verschlingt enorme Summen), statt in zukunftsorientierte, regenerative, nachhaltige und Gesundheit erhaltende Techniken.

Bundestagswahl: Atomklos verstopfen
Der Tag nach den Wahlen ist der Tag der Wahrheit. Und vor den Wahlen? Meine Bitte: wählen Sie nur Parteien, die sich nicht vor den Radioaktivitäts-Karren spannen lassen. Damit sie auch morgen noch (besser: wieder) unbelastetes Gemüse, Obst und Tee auf dem Winter­feldt­markt kaufen können, die Stromkosten bezahlbar bleiben (allein die auf jeden Fall notwendige Sanierung von Asse kostet Milliarden, Atomenergielieferanten wollen nicht zahlen), der Regen strahlungsfrei bleibt und Sie nicht eines Tages einen Arbeitsplatz als 1-Euro-Job-Liquidator antreten müssen.

“Forschungs-” Ministerin Schavan
Nachtrag
25. Juli: Einen Tag nach gleich zwei problematischen Schnellabschaltungen der Atomkraftwerke Lingen im Emsland und Philippsburg 2 in Baden-Württemberg tritt Bundesbildungsministerin Schavan vor die Presse in Hamburg und ruft dazu auf, die Atomkraft nicht zu verteufeln. Wieviel unbelehrbare Inkompetenz darf eine Bildungsministerin eigentlich in die Öffentlichkeit tragen, wenn am gleichen Tag öffentlich wird, dass die Firma Siemens wegen vorgeblichem Ende der Aufzeichnungspflicht (nach § 12d, Absatz 5, Atomgesetz) jene Akten vernichtet hat, aus denen hervorgeht, dass – entgegen den Regelungen – auch hochradioaktives Material in Asse eingelagert wurde? Das ARD-Magazin Monitor berichtet, dass ausgerechnet das Bundesforschungsministerium – dem heutigen Schavan-Ministerium – der Siemens AG in den 1960er Jahren die Lagerung von bis zu “25 Fässern mit hochradioaktivem Abfall” zugesagt habe. Frau Ministerin Schavan war bis vor wenigen Monaten verantwortlich für die famosen Wissenschaftler der Helmholtz-Gemeinschaft, die für die lebensgefährlichen Zustände in Asse verantwortlich zeichneten, bis ihnen die Verantwortung weggenommen wurde. Wer erinnert sich nicht an die Hochglanzprospekte aus dem damaligen Forschungsministerium, dass Salzstöcke per se für wassereinbruchssicher für Millionen Jahre behauptete?

Original-Ton der Ministerin in Hamburg heute
Damals hieß der Forschungsminister Hauff, heute ist es die Bundesbildungs- und Forschungsministerin Schavan, die dreißig Jahre später unbelehrbar die selben Unwahrheiten verbreitet. O-Ton Schavan am 25. Juli 2009 in Hamburg:

  • zu einem Energiemix gehöre Atomkraft
  • Kernkraft sei Brückentechnologie
  • Laufzeiten (für Atommeiler) müssten verlängert werden
  • Atomforschung müsse wieder aufgebaut werden
  • Atomkraft sei unverzichtbar
  • Salzstock Gorleben sei ein geeigneter Standort für ein Endlager
  • weil niemand glaubhaft gegenteiliges darlege, sei Gorleben sicher
  • Umstieg auf erneuerbare Energien sei den internationalen Märkten zu überlassen und benötige keine verbindlichen Fristen
  • Es gebe keine Hinweise auf eine Einlagerung hochradioaktiver Abfälle (anläßlich der Wegnahme der Schachtanlage Asse II aus dem Kompetenzbereich des Helmholtz-Zentrums München am 04.09.2008, Helmholtz-Geschäftsstelle Berlin)

Brückentechnologie in den Abgrund
Verharmlosender geht es nicht, wenn man wenige Monate nach der Bankenkrise sich der Zig Milliarden Subventionen vergegenwärtigt, die in den letzten sechzig Jahren in die Atomtechnik geflossen sind, ohne dass im mindestens eine unbefristete – beschönigend so genannte End – Lagerung des Atommülls auch nur erforscht wäre. Bereits zehn Jahre nach der Siemens-Einlagerung fließt eine radioaktive Salzbrühe in die angeblich auf Ewig trockenen Berkwerksstollen, absehbar über hochradioaktive Substanzen, über die niemand mehr etwas wissen will und – resultierend aus inkompetenter Politik – niemand mehr (§ 12d, Absatz 5, Atomgesetzetwas wissen braucht.) In dem Salzbergwerk Asse lagern – wie sich inzwischen herausstellt – nicht nur Fässer mit leicht strahlendem Atommüll, sondern auch drei mal mehr Plutonium als gedacht, radioaktive Abfälle der Bundeswehr und hochgiftiges Arsen. All dies wurde erst bekannt, seit das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Anfang des Jahres den Betrieb des maroden, einsturzgefährdeten Bergwerks übernommen hat.

Windkraft mit Gegenwind
Zynischer geht es nicht, wenn man sich überlegt, dass erst seit Beginn des Jahres 2009 Offshore-Windkrafträder eine Einspeisevergütung von 15,1 Cent erhalten, vorher 9,6 Cent, natürlich erst, nachdem die Energie-Mammuts, die das Ohr unverantwortlicher Politiker haben, ihr Interesse bekundeten. Ergebnis jener Politik der Frau Ministerin Schavan: in der Bundesrepublik werden nur 1500 Megawatt durch Offshore-Windenergie erzeugt, in Europa sind es dagegen bereits 65Tausend. Die Energie-Riesen, die nun verspätet auf den Wind-Energie-Zug aufspringen, investieren nicht in Deutschland, sondern in England in Windfarmen für 40Tausend Megawatt. Eine verschlafene, dampflose Politik einer so genannten Forschungsministerin, die die Raffgier gewähren läßt, statt moderne Technologie und Forschung voran zu treiben und sich damit zum Instrument partikularer Mammut-Interessen macht.

Atomare Aufbewahrungspflicht
Wieviel Inkompetenz gehört dazu, eine Aufbewahrungspflicht von 30 Jahren in das Atomgesetz zu schreiben, wenn jeder Primarschüler weiss, dass hochradioaktiver Müll hunderte oder tausende Jahre benötigt, um abzuklingen – ohne dann auch nur ungefährlich zu sein?

Bewußtlose Politik
Vielleicht forscht die Frau Ministerin Schavan einmal selbst in Asse oder im Atomgesetz oder auf dem Berg Ararat nach, wo Noah nach der Nach-uns-die-Sintflut anlandete. Mit ihren Unwahrheiten schultert die Frau Minister Schavan die Verantwortung für die Krebstoten zukünftiger Generationen durch die Brunnenvergifterei in Asse und Gorleben. Vielleicht hülfe es, wenn Politiker aus ihrem Privatvermögen haftbar gemacht würden für die Folgen ihrer Politik, besonders jene, die unverantwortlich Verantwortung für Unverantwortbares reklamieren. Es sei an die signifikante – also nicht zufällige – Häufung von Leukämie-Fällen in der Nähe des Atomkraftwerks Krümmel erinnert. Ob die Frau Ministerin am Krankenbett versichern würde, es sei ganz sicher nicht die Atomkraft Auslöser des Blutkrebs (jedenfalls sei ihr nichts gegenteiliges bewußt)?

Mehr Informationen
zu skandalöser und unverantwortlicher Atompolitik, die nicht durch Lobbygruppen gefärbt sind oder von Machtzynikern, die für die Zeit nach der Politik auf Stellen bei den so genannten Versorgern spekulieren, findet man unter www.contratom.de und bei Monitor.


Bene Homann

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